In der ARD läuft gerade die Themenwoche „Zukunft Bildung“ vom 9. bis 16. November 2019.
Tolle Sache: Lernen ist wichtig, bringt uns weiter – und macht Spaß, wenn die Inhalte passend vermittelt werden. Wenn ich „Zukunft Bildung“ höre, muss ich jedoch auch unweigerlich an das Thema Digitalisierung denken. Und spüre, wie mir fast zeitgleich ein Schauer über den Rücken läuft. Denn Bildung ist momentan in Deutschland alles, aber nicht digital. Um hier wirklich in Richtung Zukunft durchzustarten, wird es höchste Zeit, endlich nicht nur über den Tellerrand zu schauen – sondern am besten auch gleich die Füße aus der lauwarmen analogen Suppe zu ziehen, in dem es sich das deutsche Bildungssystem seit Jahrzehnten bequem gemacht hat.
Völliges Chaos statt sichtbarer Fortschritt
1994 habe ich eine Fortbildung zum Medientechnikpädagogen gemacht. Die Älteren unter Ihnen werden sich erinnern – damals gab es eine politische Initiative mit dem Claim „Schulen ans Netz“. Gute Idee, keine Frage. Doch die Umsetzung war mehr als stümperhaft. Sie werden nicht glauben, was ich da alles erlebt habe: Es wurden Drucker ausgeliefert, für die es keine mit dem Betriebssystem kompatiblen Treiber gab. Router konnten auf Grund von Inkompatibilitätsproblemen nicht ans Netz gehen. Kurzfassung: riesengroße Katastrophe.
Und was tut die Politik in Sachen Bildung? Mir scheint, dass der Posten des Bildungsministers vor allem eins ist: Ein beliebtes Ressort für Macher und Durchlauferhitzer, da sich innerhalb einer Legislaturperiode bereits Erfolge vorweisen lassen. Ob diese „Errungenschaften“ die deutsche Bildungslandschaft allerdings wirklich vorangebracht haben, sei mal dahingestellt. Sicher erinnern Sie sich zum Beispiel an das ganze Gezerre um G7 oder G8 …
Lokale Lösungen statt Paragraphenreiter
Ich bin beidseitiger Lehrersohn (keine Sorge, ist nicht ansteckend …), Musikpädagoge, Diplompädagoge Erwachsenenbildung und habe lange als Geschäftsführer eines großen Bildungsträger gearbeitet. Ich bin daher so frei, mir eine gewisse Erfahrung und Sachkenntnis in Bezug auf das Thema zuzuschreiben.
Mein Vorschlag, um die Situation endlich mal merklich voranzutreiben: Wie wäre es zum Beispiel, eine „Public Private Partnership“ einzugehen? Öffentliche Einrichtungen und Privatpersonen bzw. Unternehmen schließen sich auf lokaler Ebene zusammen. Ich bin überzeugt davon, dass sich auf diese Weise wesentlich schneller und effizienter ein funktionierendes, modernes Schulsystem aufbauen ließe. Ohne, dass erst mal europaweit eine Ausschreibung gemacht werden muss, um einen Dienstleister für die Bereitstellung der Technik zu finden. Möglicherweise wäre auf diese Weise auch eine unbürokratischere und flexiblere Projektgestaltung möglich, die den Start der Digitalisierung noch vor 2025 möglich macht.
Ohne Ausprobieren geht es nicht!
Damit „digitale Bildung“ in Deutschland zur flächendeckenden Realität wird, reicht es jedoch nicht, entsprechende Finanzierungen zu tätigen. Denn die beste Technik nützt nichts, wenn angehende Lehrer an den Hochschulen immer noch mit Methoden der 70er Jahre vertraut gemacht werden! „Alte Pädagogik“ digitalisieren zu wollen, ist der absolut falsche Weg. Und nicht erst heute: Ich habe 1996 ein Internat in der Nähe von Hamm betreut. Die Lehrer waren hoch engagiert, haben versucht, moderne Technik zu integrieren – und sind an einem durch und durch analogen Lehrplan mit entsprechenden Methoden gescheitert.
Hier kann es nur eine Lösung geben: Mutig voranzuschreiben! Im Umgang mit der Digitalisierung gibt es weder in der Bildung, noch in sonst einem Lebensbereich einen „Masterplan“. Wir müssen unsere eigenen Erfahrungen machen – und sollten idealerweise branchenübergreifend kooperieren, um gemeinsam voranzukommen. Worauf warten wir noch?
Das Video zum Thema gibt es auf meine YouTube-Kanal Konfliktmanagement TV, schauen Sie vorbei!