Was hat Trump gemacht – und warum ist das so entlarvend?
Donald Trump hat auf der Japan-Reise vor die Presse stolz erklärt, er habe einen „sehr schwierigen IQ-Test“ mit voller Punktzahl bestanden. Jubel! Doch der Haken kam leise: Es war gar kein IQ-Test, sondern der sogenannte MoCA-Test – ein medizinisches Screening auf Demenzsymptome.
Damit wird geprüft, ob jemand noch weiß, welcher Tag ist, wo er sich befindet und wie ein Löwe aussieht. Kurz gesagt: kein Intelligenztest, sondern eine Gedächtnis-Kontrolle.
Trump aber verkaufte den Routine-Check als Beweis seiner geistigen Überlegenheit.
Er machte aus einem medizinischen Minimum ein rhetorisches Maximum. Und genau dieser Dreh – vom Defizit zur Glanzleistung – ist typisch für viele Führungskräfte. Wer aus einer Überprüfung eine Auszeichnung bastelt, lebt in der gleichen Logik: nicht führen, sondern sich selbst bestätigen.
Wie zeigt sich das im Führungsalltag?
In Unternehmen passiert das täglich, nur mit eleganterer Verpackung.
- Da wird aus „Ich meide Konflikte“ ein „Ich vertraue meinen Leuten“.
- Aus „Ich habe keinen Plan“ wird „Wir sind im agilen Prozess“,
- Und aus „Ich halte mich raus“ wird „Ich fördere Eigenverantwortung“.
Kurz: Aus MoCA wird IQ.
Selbsttäuschung als Führungsprinzip – und das oft mit Applaus. Denn wer sich überzeugend verkauft, bekommt selten Widerspruch.
Doch dieser Trick hat seinen Preis: Er ersetzt Klarheit durch Kulisse.
Und wer sich zu sehr mit der Fassade beschäftigt, verliert den Kontakt zur Realität.
Ein Chef, der seine eigene Rhetorik glaubt, kann bald keine Wahrheit mehr hören – weder von anderen noch von sich selbst.
Warum funktioniert dieser Selbstbetrug überhaupt so gut?
Weil Menschen lieber einem starken Irrtum folgen als einer schwachen Wahrheit. Trump hat das instinktiv verstanden.
Seine Botschaft war einfach: „Ich bin klüger, weil ich getestet wurde.“
So funktioniert auch das Führungsmarketing vieler Unternehmen. Sobald jemand sagt, „Wir haben ein großartiges Feedbacksystem“, fragt keiner mehr, ob das Feedback auch genutzt wird.
Hauptsache, es klingt souverän.
Psychologisch nennt man das Selbstwertkompensation. Man überspielt Unsicherheit durch Status.
Im Grunde ist das ein Schutzmechanismus – verständlich, aber gefährlich. Denn wer sich ständig selbst beweisen muss, hat innerlich längst Zweifel.
Nur spricht keiner darüber, weil Stärke sich besser verkauft als Ehrlichkeit.
Welche Folgen hat das für Teams und Organisationen?
Verheerende. Wenn Führung zur Bühne wird, merken Mitarbeitende sehr schnell, dass Authentizität nur gespielt ist.
Dann entsteht Zynismus. Er zeigt sich in ironischen Kommentaren, passiver Zustimmung, oder in der stillen Frage: „Was testet er diesmal?“
Solche Teams funktionieren nur noch nach außen. Nach innen herrscht Funkstille.
Denn wo die Führungskraft ständig „besteht“, darf niemand mehr Fehler machen. Vertrauen, das wichtigste Führungskapital, wird zur Einbahnstraße.
Wer sich selbst zu oft feiert, verliert irgendwann Publikum. Die Mitarbeiter nicken zwar noch – aber nur, um schneller aus dem Meeting zu kommen.
Trumps Verwechslung ist deshalb kein politischer Witz, sondern ein Symbol für Selbstüberschätzung als Managementkultur.
Wie sähe echte Führung im Gegensatz dazu aus?
Echte Führungskräfte wissen: Glaubwürdigkeit entsteht nicht durch Unfehlbarkeit, sondern durch den offenen Umgang mit dem eigenen Unvermögen.
Der Satz „Das war Mist, aber wir lernen daraus“ wirkt stärker als jedes PowerPoint-Fazit. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Souveränität.
Wer Schwächen nicht tarnt, sondern integriert, befreit sich von der ständigen Angst, ertappt zu werden. Und das Team spürt sofort: Diese Führung ist echt.
Man darf Fehler machen, man darf diskutieren – sogar widersprechen. Das ist kein Kontrollverlust, sondern die Rückkehr zur Realität.
Oder, um es moderner zu sagen: Transparenz ist das neue Charisma.
Was lernen wir daraus – für Führung, Kommunikation und Selbstbild?
Trumps „IQ-Test“ war kein Test seiner Intelligenz, sondern seines Egos. Und er hat ihn – aus seiner Sicht – bestanden.
Viele Führungskräfte tun dasselbe: Sie bestehen permanent eigene Prüfungen, die sie selbst erfunden haben. Ein bisschen Framing hier, ein bisschen Selbstlob dort – und schon wird die Demenzprüfung zum Kompetenzbeweis.
Doch irgendwann kippt die Pose in Parodie. Wenn alle klatschen, aber keiner mehr vertraut, ist der Applaus nichts wert.
Führung heißt nicht, die eigene Erzählung zu perfektionieren, sondern den Mut zu haben, sie zu korrigieren.
Wer sich selbst applaudiert, hört irgendwann nicht mehr, dass keiner mehr klatscht.
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Christoph Maria Michalski
Experte bei Sat1 Frühstücksfernsehen und ARD-BRISANT
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Experte FOCUS online mit 7 Millionen Zugriffen
Interview WDR Redezeit- Neugier genügt
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30.10.2025




