Rumdruckserei bei Mitarbeitergesprächen

Fünf Schritte für den produktiven Einstieg in kritische Mitarbeitergespräche

„Konfliktmanagement? Sowas brauchen wir nicht, hier ist alles in Butter!“ Wirklich? Ich habe im Laufe der Jahre immer wieder die Erfahrung gemacht, dass vielen Führungskräften gar nicht bewusst ist, was genau einen Konflikt ausmacht – und welche unbedachten Verhaltensweisen ihn unter Umständen entstehen lassen. Ein klassisches Minenfeld im Business sind zum Beispiel Mitarbeitergespräche. So lange es gut läuft und gelobt werden kann, ist alles super. Anders sieht es jedoch aus, wenn sich kritisches Feedback nicht mehr vermeiden lässt. Viele Führungskräfte fühlen sich verunsichert und wissen nicht genau, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Denn auf der einen Seite wollen sie den Mitarbeiter nicht verletzen – aber ihm oder ihr trotzdem klarmachen, dass etwas nicht in Ordnung war oder sich etwas ändern muss.

Die Folgen sind Ihnen sicher wohlbekannt:

Es wird so nebulös um den heißen Brei herumgeredet und rumgedruckst, dass die Botschaft wahrscheinlich niemals richtig ankommt. Oder aber der Chef haut mal so richtig auf den Tisch, weil man das als Boss nun mal so macht. Der Haken an der Sache: Ein dermaßen autoritäres Verhalten verletzt und sorgt eher dafür, dass der Mitarbeiter „dicht macht“ und sich ungerecht behandelt fühlt. Lassen Sie uns also lieber nochmal über Konfliktmanagement reden, einverstanden? Die folgenden fünf Schritte helfen Ihnen dabei, unangenehme Gespräche anzugehen – ohne zusätzliches Öl ins Feuer zu gießen.

  1. Atmen Sie! Auch wenn Sie sich gerade über eine Situation aufregen und den verantwortlichen Kollegen am liebsten sofort in Ihr Büro zitieren würden – lassen Sie es. Es ist wesentlich effektiver, das Mitarbeitergespräch in Ruhe vorzubereiten, anstatt es spontan zu führen. So riskieren Sie nur, dass Sie im Affekt von Ihren Emotionen übermannt werden und die Situation noch mehr eskaliert.
  2. Problem oder Emotion? Jetzt geht es ans Eingemachte: Versuchen Sie, Ihren Ärger außen vor zu lassen und betrachten Sie stattdessen die Ausgangssituation mehr oder minder objektiv. Liegt ein Problem auf sachlicher Basis vor, hat der Mitarbeiter einen nachweisbaren Fehler gemacht – oder ist der Konflikt eher auf Grund nicht erfüllter Bedürfnisse zustande gekommen? So wäre es zum Beispiel möglich, dass die Leistung Ihres Gegenübers zu wünschen übriglässt, weil er sich übergangen fühlt und entsprechend demotiviert ist. Hat er in letzter Zeit etwas in der Art durchblicken lassen? Z.B. Unmut darüber geäußert, dass jemand anders befördert wurde oder ein spannendes Projekt bekommen hat?
  3. Konfliktkategorie bestimmen: Ausgehend von der vermuteten Ausgangslage können Sie dann die Konfliktkategorie bestimmen und sich eine passende Argumentation zurechtlegen. Es geht sicher nicht darum, den Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass seine Leistung besser werden muss – eine Debatte ist hier also nicht angebracht. Stattdessen ist das anstehende Konfliktgespräch in der Kategorie „Spiel“ oder „Kampf“ anzusiedeln. Schließlich gibt es klare Regeln für das Verhalten im Job und Anreize wie Provisionen oder Beförderungen wecken ebenfalls den sportlichen Ehrgeiz. Und nur, damit wir uns nicht missverstehen: „Kampf“ soll hier nicht bedeuten, dass das Gespräch als Kampf geführt wird.
  4. Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch: Wer direkt mit Vorwürfen in das Gespräch startet, braucht sich nicht zu wundern, wenn der Ausgang wenig produktiv ist. Das gleiche gilt auch für eine völlig unemotionale Handhabe à la „Herr Meier, ich habe mir Ihre Leistungsdaten einmal genauer angeschaut. Und da stelle ich fest, dass Ihre Produktivität im letzten Quartal um 15 Prozent gesunken ist …“ Sie müssen Ihr Gegenüber emotional erreichen – und gleichzeitig deutlich machen, dass Sie das Verhalten nicht verurteilen. Das gelingt Ihnen, indem Sie erst Ihre Wahrnehmung schilden: „Ich habe die Situation gestern so erlebt, dass …“. Dann beschreiben Sie die daraus resultierende Wirkung bei Ihnen: „Das hat mich irritiert / das hat dazu geführt, dass …“ Und zum Abschluss formulieren Sie einen positiven Wunsch: „Ich wünsche mir, dass zukünftig …“
  5. Wfft: Mund halten und auf die Reaktion Ihres Gegenübers warten. Auch wenn Ihnen die Stille unangenehm ist – geben Sie Ihrem Mitarbeiter die Zeit, die er benötigt, um die Informationen zu verarbeiten, sich zu sammeln und eine passende Antwort zu formulieren.

Natürlich ist die Situation damit noch nicht gebannt. Mit 99 prozentiger Wahrscheinlichkeit wird Ihr Gesprächspartner erst einmal versuchen, sich zu rechtfertigen. Sie wissen schon – die Marktlage ist schlecht, der Wettbewerb groß, die Zielgruppe unpassend und so weiter. Lassen Sie diesen Entrüstungssturm kommentarlos an sich vorbeiziehen und hören Sie aktiv zu. Damit verhindern Sie, dass auch auf Ihrer Seite der Rechtfertigungsreflex anspringt. So sind Sie auf jeden Fall auf dem richtigen Weg, die Situation produktiv für beide Seiten zu lösen.

Stoßen Sie sich nicht den Kopf an meinen Denkanstößen!

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