Homeoffice ist keine Frage der Technik

„Chef, kann ich nächsten Dienstag mal Zuhause arbeiten?

Der Heizungstechniker hat sich angekündigt …“ Einmal ein Auge zudrücken werden wahrscheinlich die meisten Chefs in dieser Situation. Sobald Mitarbeiter jedoch mit dem Wunsch nach regelmäßigem Homeoffice auf sie zukommen, herrscht schnell dicke Luft. Aber warum eigentlich?

Ich möchte als älteres Semester mal eins ganz deutlich sagen: Der Wunsch nach Homeoffice ist keine Nebenwirkung der Digitalisierung. 1994 habe ich eine Fortbildung zum Medientechnikpädagogen gemacht. Und als Bildungsträger haben wir damals bereits Fortbildungen angeboten, die darauf abzielten, unter anderem Müttern mit kleinen Kindern auf diese Weise den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben zu ermöglichen. Und das zu einer Zeit, als Internet bedeutete, dass zwei B-Kanäle eines ISDN-Telefonanschlusses gebündelt wurden. Und man sich getrost mehrere Tassen Kaffee holen konnte, bevor sich eine Website gefühlt Pixel für Pixel aufgebaut hatte.

Zu teuer, zu kompliziert, zu unsicher

Fragt man Führungskräfte, stehen meist immer die gleichen Gründe auf der Anti-Homeoffice-Liste: die Kosten für die zusätzliche technische Ausrüstung, der Umgang mit sensiblen Daten außerhalb der Firma – und was ist überhaupt mit dem Arbeitsschutz? Ganz ehrlich: Was 1994 schon machbar war, sollte heute Kindergeburtstag sein. Jeder Mitarbeiter hat heute einen brauchbaren Internetanschluss und einen PC oder Laptop zuhause. Lassen Sie uns also zum Kern vordringen: Der entscheidende Punkt, um den es bei der Debatte um Homeoffice und Telearbeit wirklich geht, ist Vertrauen. Das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – und auch das Vertrauen des Arbeitnehmers in sich selbst.

Dezentrales Arbeiten ist heute eigentlich ein Klacks. Es gibt Zeiterfassungssysteme. Und es sollte auch nicht so schwer sein, genaue Absprachen zu treffen, wann eine bestimmte Aufgabe erledigt sein soll. Wann und vor allem wo der Mitarbeiter sich darum kümmert, kann dem Chef doch dann egal sein. Das bedeutet jedoch, dass er oder sie in der Lage sein muss, loszulassen. Genug Führungskräfte trauen ihren Mitarbeitern immer noch kein selbstständiges Denken und Arbeiten zu und würden am liebsten alles selbst machen, wenn sie könnten. Entscheidend ist hier vor allem, dass die Beteiligten miteinander reden. Macht den Mund auf, sagt, welche Wünsche und Erwartungen Ihr habt – und probiert es dann einfach aus! Jeder Versuch macht klug. Homeoffice nur auf Grund von Vorurteilen oder eigenen Hirngespinsten abzulehnen, ist kein kluger Schachzug. Vor allem nicht in den heutigen Zeiten des Fachkräftemangels und dem immer größer werdenden Bedürfnis nach Work-Life-Balance und der Vereinbarkeit von Arbeit und Familienleben. Arbeit ist ein Miteinander, kein Gegeneinander!

Klare Vereinbarungen treffen – mit sich selbst und anderen

Zum Schluss möchte ich noch kurz auf das Thema „Vertrauen in sich selbst“ eingehen. Ich bin seit 10 Jahren selbstständig. Glauben Sie mir: Ich weiß, welche Verlockungen im Laufe eines Tages so auftauchen. Egal ob Einkaufen gehen, das Bad putzen oder die Gartenmöbel mit dem Hochdruckreiniger bearbeiten – es gibt Tage, an denen erscheinen alle diese Aufgaben verlockender als die eigentliche Arbeit. Stark bleiben! Und das gilt auch für den Umgang mit der eigenen Familie. Die Heimarbeitszeit muss ernst genommen werden. Legen Sie klare Zeiten fest oder vereinbaren Sie deutliche Zeichen wie ein Schild an der Tür. Nicht stören heißt dann nicht stören. Und nicht: „Schatz, kannst du nicht mal eben …?“

Mir ist bewusst, dass diese Arbeitsweise nicht für jede Persönlichkeit geeignet ist. Das muss man aber erst einmal herausfinden – idealerweise mit der Unterstützung des Arbeitgebers. In diesem Sinne: Gehen Sie mutig voran! Besprechen, probieren, auswerten – und dann neu justieren. Es ist eigentlich ganz einfach, wenn alle Beteiligten miteinander reden.

Noch nicht genug? Auf meinem YouTube-Kanal „Konfliktmanagement TV“ gibt es das Video zum Thema!

Stoßen Sie sich nicht den Kopf an meinen Denkanstößen!

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